Workshop-Dokumentation Deutscher EngagementTag 2022
Im Rahmen des 7. Deutschen EngagementTag luden Dr. Serge Embacher und Dominik Schlotter aus dem BBE-Klimateam zum politischen Gespräch ein, die Ergebnisse haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengefasst. Die Dokumentation der gesamten Veranstaltung finden Sie hier.
„Nicht Klimaschutz vs. soziale Gerechtigkeit, sondern sozial gedachter Klimaschutz, der Ungerechtigkeiten nicht reproduziert“. So oder so ähnlich ließe sich die Leitmelodie des politischen Gesprächs zwischen Astrid Schaffert vom Deutschen Caritasverband, Monika von Palubicki vom Deutschen Frauenrat und Frank Bsirske, MdB | Bündnis 90/Die Grünen beschreiben.
Auch wenn immer mehr zivilgesellschaftliche Organisationen Klimaschutz vor dem Hintergrund der Perspektive sozialer Gerechtigkeit verstehen und politischen Druck ausüben, ist dieses Thema bislang nur vordergründig in den öffentlichen politischen Debatten angekommen. Es stellt sich also die dringende Frage, wie hängen Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammen? Und wie wirken sich politische Entscheidungen zu Klimaschutzmaßnahmen auf unterschiedliche gesellschaftliche Lebenswelten aus? Um hier ins Gespräch zu kommen, wurde in dem Workshop ganz konkret über die Effekte und das zu verbessernde Zusammenspiel zwischen Gender- und Gleichstellungsfragen, Armut und Reichtum und der Arbeitswelt im Zusammenhang mit Klimaschutz diskutiert.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es häufig arme Menschen, ältere Menschen, Frauen und Kinder sind, die stärker unter den Folgen der Klimakrise leiden. Diese Gruppen sind am stärksten betroffen und haben gleichzeitig nicht die Mittel, sich an die Folgen anzupassen. Dies gilt insbesondere für Menschen im globalen Süden, aber auch in Deutschland ist das Gefälle in Relation das Gleiche. Auch hier treffen die Folgen der Klimakrise zuerst und am stärksten Menschen mit geringem Einkommen, und das sind weit mehr Frauen als Männer. Zudem gilt: Die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind für über 30 Tonnen pro Person und Jahr der Treibhausgasemissionen verantwortlich, während die unteren zehn Prozent nur 2 Tonnen pro Person und Jahr emittieren.
Die Frage der Betroffenheit wird so zu einer Frage der Verursachergerechtigkeit, die unmittelbar zur Verteilungsgerechtigkeit führt, die auch in der nationalen Gesetzgebung Beachtung finden muss. Aus klimapolitscher Perspektive wurden bisher die Mittel Bepreisung und Förderprogramme am stärksten genutzt. Leider zeigen sich in der Ausgestaltung beider staatlicher Handlungsoptionen starke Schieflagen: Wem die Maßnahmen zu Gute kommen, wer durch die Maßnahmen besonders belastet wird und in welcher Weise die reale Verursachung von CO-2-Emissionen sich auch in der individuellen Belastung zeigt, ist eindeutig zu beantworten: Es sind die Besserverdienenden und vorwiegend männlich dominierte Strukturen und deren Lebenswelten. Sowohl durch die CO-2Bepreisung (die im Kern eine Konsumsteuer darstellt) als auch durch die Förderprogramme (E-Autokauf, Gebäudesanierung) sind höhere Einkommen (die meist von Männern erzielt werden) bessergestellt. Einmal trifft sie die Bepreisung die weniger Verdienenden und dann fehlen die Mittel, um überhaupt von Förderprogrammen profitieren zu können. Wenn man gerechtere Verteilungswirkungen erreichen will, muss hier nachgesteuert werden.
Es gilt, die unausweichlichen Transformationsprozesse die für den Klimaschutz notwendig sind zu nutzen, um ungleiche Geschlechterrollen nicht zu reproduzieren; durch die Klimaschutzmaßnahmen Armut zu überwinden und eine neue Teilhabe aller, in einer veränderten Gesellschaft zu ermöglichen. Und hierbei handelt es sich nicht um eine reine Utopie, die Veränderungen werden kommen und es gilt sie als Chance zu begreifen. Der Klimaschutz bietet z.B. die Möglichkeit über einen massiven Ausbau von klimafreundlicher öffentlicher Infrastruktur eine gerechte neue Form der Mobilität zu ermöglichen. Fazit: Der Transformationsprozess muss sozial gedacht, verbindende Narrative müssen entwickelt werden, damit soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz in Einklang gebracht werden können.